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21.02.2021 / pjg PC-Ansicht
Lost Grounds:
Folge 21: Beckmannshof (SG Wattenscheid 09)
Wattenscheid - bis Ende 1974 eine selbständige Stadt zwischen Essen, Gelsenkirchen, Herne und Bochum, heute Bochumer Stadtbezirk mit gut 73.000 Einwohnern - ist im Sport ein ausgesprochen klangvoller Name. Der TV Wattenscheid 01 beispielsweise gehört zu den erfolgreichsten Leichtathletikvereinen der Republik, die 2008 ausgegliederte Abteilung "Rhythmische Sportgymnastik" kann u.a. auf zahlreiche Teilnahmen bei olympischen Spielen zurückblicken. Auch Schach oder Kegeln wurden lange Zeit sehr erfolgreich - also erstklassig im wahren Sinne des Wortes - angeboten. Und sogar Fußball spielt man dort, die SG Wattenscheid 09 gehörte von 1990 bis 1994 der Fußball-Bundesliga an. Bis heute ist der Club eng mit dem Namen Heinz Hofer Klaus Steilmann verbunden, einem Patriarchen aus Mecklenburg-Vorpommern, der die SGW seit 1958 geprägt hat und dessen - belebender oder lähmender - Geist auch mehr als zehn Jahre nach seinem Tod am 14.11.2009 immer noch irgendwie präsent ist. Als ETB-Fan kann man also Verbindendes finden zu den Wattenscheidern, neben der genannten patriarchalischen Prägung beispielsweise auch die schwarz-weißen Vereinsfarben.

Als Sportstätte fällt nicht nur Experten sofort das Lohrheidestadion ein, das 1954 errichtet wurde und in der Rangliste der größten Stadien Deutschlands Platz 71 belegt. Doch in der Lohrheide sind die Schwarz-Weißen erst seit 1965 beheimatet, zuvor hießen die Heimstätten "Platz an der Zeche Holland", "Sportplatz Südstraße", "Sportplatz an der Verbandsstraße" und - von 1927 bis 1934 sowie von 1945 bis 1965 - "Stadion Beckmannshof". Letzterem wenden wir uns heute einmal zu.

Ein gewisser Carl Beckmann errichtete 1927 das damals einzige Freibad im mittleren Ruhrgebiet, daneben wurde ein Sportplatz gebaut. Der "Stadion Beckmannshof" genannte Freizeitbereich wurde um eine Gondelanlage, mehrere Tennisplätze und einen Schießstand erweitert, es muß dort einmal sehr viel los gewesen sein. Übrig geblieben ist bis heute ein Hotel-Restaurant, in den ehemaligen Schwimmbecken sind längst Enten, Schwäne oder Karpfen zu Hause. Denn die - im vergangenen Jahrhundert alles andere als unübliche - Verbindung "Zeche - Sport" sorgte für das Ende der Einrichtungen, nachdem die Westenfelder Zeche "Fröhliche Morgensonne" die Tore für immer geschlossen hatte. Die SG Wattenscheid 09 verlor ihre sportliche Heimat und zog 1965 als Untermieter von Rot-Weiß Leithe in die nahe gelegene Lohrheide um.

Für den Autor dieser Zeilen war der Besuch nördlich der Ecke "Berliner Straße / An der Papenburg" rein durch Neugier begründet. Die in Wattenscheid geborene und aufgewachsene bessere Hälfte dagegen erlebte eine Reise in die Vergangenheit, war sie doch mit Eltern und großem Bruder als kleines Kind mehrfach im Schwimmbad Beckmannshof zu Gast. (Und während pjg diesen Text fabriziert, durchsucht kg im Wohnzimmer ihre Fotokisten nach bildlichen Beweisen.) Wenige Meter südlich der genannten Ecke "Berliner Straße / An der Papenburg" befindet sich übrigens seit Jahren das Trainings- und Jugendgelände der SG Wattenscheid 09, am Beckmannshof war dafür wohl nicht genügend Platz.

Wenn man von der A40 über die Berliner Straße anreist, dann sieht man im Bereich des ehemaligen Sportplatzes Zäune und dichtes Unterholz, an eine Begehung des historischen Geländes ist nicht zu denken. Doch wenn man Richtung "Hotel-Restaurant Beckmannshof" geht, erreicht man "An der Papenburg" bald eine zaunlose Lücke im Gestrüpp. Achtung - nicht diese Lücke nutzen! Denn nur wenige Meter weiter bietet sich interessierten Personen ein unversperrter Zugang ohne jegliches Verbotsschild. Die Wanderung durch das Oval läßt die damalige Zuschauerkapazität von 5.000 Personen nicht erahnen, dazu ist es einfach zu eng. Daß da auch noch eine Laufbahn gewesen sein soll, ist nicht vorstellbar. Immerhin sind noch Flutlichtmasten erhalten, denen man ihr Alter keinesfalls ansehen kann. Zwei Gebilde erinnern an Trainerbänke, außen an der Berliner Straße - sozusagen am Nordwestende des Sportplatzes - sind "Ruinen" von Kassenhäuschen und heute als Müllhalde genutzten Kabinchen oder Toilettchen zu sehen.

Wenn der Lockdown vorbei ist, werden wir die SGW mal wieder besuchen und ein Spiel in der Lohrheide ansehen. Es bietet sich das erste Heimspiel nach dem hoffentlich stattfindenden "Re-Start" an, dann kommt das punktlose Schlußlicht Hammer SpVg vorbei. Bei dieser Gelegenheit kann man dann einmal mehr die vorzügliche Dönninghaus-Wurst genießen und - ebenfalls hoffentlich - mit HSV-Fan "Asa" nette Gespräche führen. Aber bis dahin wird es wohl noch dauern...


       
       
       
       
   
Fotos: kg / pjg
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